Ein besseres Radverkehrsnetz mit durchgängigen Verbindungen, sicheren Querungsstellen und hochwertigen Radabstellanlagen – das ist der Wunsch vieler Bewohnerinnen und Bewohner Heinsbergs. Die Stadt hat diesen Wunsch aufgegriffen und erarbeitet seit Herbst 2020 ein Radverkehrskonzept für das Stadtgebiet.
Ziel ist es, die gesamte Fahrrad-Infrastruktur zu verbessern, Verbindungen auszubauen und in Radabstellanlagen zu investieren. Möglicherweise gefährliche Abschnitte sollen entschärft und die Verkehrssicherheit erhöht werden. Mit dem Radverkehrskonzept will die Stadt Heinsberg Menschen jeden Alters erreichen. Das Konzept soll mehr eigenständige, gesunde Mobilität ermöglichen und den Radverkehrsanteil im Stadtverkehr erhöhen.
Das Ziel des Arbeitsprozesses ist das so genannte „Wunschnetz“ bzw. „Zielnetz“. Dieses beinhaltet mehrere Ebenen: alle Hauptverbindungen (Hauptnetz) sowie wesentliche Nebenverbindungen (Basis- und Ergänzungsnetz). Das Gesamtnetz soll die wichtigen Punkte innerhalb des Stadtgebietes miteinander verbinden. Wichtige Punkte sind beispielsweise:
Zusätzlich spielt die Anbindung an umliegende landesweite und regionale Radverkehrsnetze nicht nur für Pendlerinnen und Pendler eine bedeutsame Rolle.Mit dem Zielnetz werden konkrete Maßnahmenvorschläge erarbeitet, die dann Schritt für Schritt von der Stadt Heinsberg umgesetzt werden können. Der Abschluss des Projektes ist für Herbst 2021 vorgesehen.
Am Anfang jedes Konzeptes steht die Bestandsaufnahme. Dafür sind wir nach Heinsberg gefahren, haben uns die Radverkehrsinfrastruktur angesehen und überprüft, in welchem Zustand die Wege, die Beschilderung und die Abstellanlagen sind. Einige Streckenabschnitte haben wir virtuell besucht und beurteilt – über Bildmaterial der Straßendatenbank der Stadt Heinsberg. Bei den Radwegen haben wir die Oberflächen und die Breite der Wege notiert und bewertet. Auch das Fehlen von Infrastruktur für den Radverkehr haben wir aufgenommen.
Beim Fahrradfahren sind oft einzelne kritische Stellen ausschlaggebend dafür, dass Menschen sich gegen das Fahrrad als Verkehrsmittel entscheiden. Deshalb haben wir besonders darauf geachtet, ob das Netz durchgängig ist und erfasst, wo es Netzlücken aufweist. Wir haben Kreuzungen und Querungsstellen kritisch betrachtet und Sicherheitsmängel notiert. Auch mögliche Unfallschwerpunkte haben wir genau untersucht. (Dafür hat uns sogar die Heinsberger Polizei ihre Unfalldaten zur Verfügung gestellt.)
Da der Anteil der E-Mobilität auch im Fahrradbereich in den letzten Jahren enorm gewachsen ist, haben wir zusätzlich die vorhandene Infrastruktur zur Rad-E-Mobilität erfasst, also Stellplätze und Lademöglichkeiten für E-Bikes und Pedelecs.
– Überall, wo es keine Radwege gibt (oder wo sie nicht benutzungspflichtig sind), wird der Radverkehr im so genannten Mischverkehr geführt, also zusammen mit den Autos auf der Straße. In Heinsberg trifft das auf fast die Hälfte aller Radverkehrsführungen zu (rd. 45 %).
– Der Rest verteilt sich auf gemeinsame oder getrennte Geh- und Radwege (rd. 33 %) sowie landwirtschaftliche Wege (22 %).
– Die Aufhebung der Benutzungspflicht für viele Radwege im Stadtgebiet im Jahr 2017 hat zwar zu deutlichen Veränderungen für den Radverkehr geführt, die Unfallhäufigkeit hat sich dadurch jedoch nicht wesentlich verändert.
– Die meisten Unfälle passieren beim Ein- oder Abbiegen im Bereich von Kreuzungen und Einmündungen. Deshalb müssen diese Bereiche bei der Erstellung des Konzeptes besonders berücksichtigt werden.
Bei der Bestandsaufnahme hat die Stadt Heinsberg eine interaktive Form der Bürgerbeteiligung genutzt. Vom 01.07. bis zum 30.09.2020 konnten interessierte Bewohnerinnen und Bewohner über den so genannten Wegedetektiv Vorschläge zur Verbesserung des Radwegenetzes machen. Über 230 Hinweise sind dabei zusammengekommen.
Zusätzlich haben wir über einen Fragebogen zwischen dem 30.09. und dem 16.10.2020 eine anonyme Haushaltsbefragung durchgeführt, bei der eine repräsentative Auswahl an in Heinsberg lebenden Menschen Auskunft zu ihrem Mobilitätsverhalten geben sollte. Zusätzlich zu allgemeinen Angaben zur Mobilität war ein Wegeprotokoll für den Stichtag 06.10.2020 beigefügt, auf dem alle unternommenen Wege des Tages eingetragen werden sollten. 340 Fragebögen und Wegeprotokolle sind bei der Stadt Heinsberg eingegangen, die uns wertvolle Hinweise zu Verkehrsmittelwahl, Mobilitätsverhalten und tatsächlich zurückgelegten Wegen der Menschen in Heinsberg geben.
– 68 % der Hinweise aus dem Wegedetektiv waren Mängelmeldungen.
– Unter den Mängelmeldungen bezog sich etwa die Hälfte auf eine unzureichende Infrastruktur: zu schmale Wege, fehlende Beleuchtung oder eine für Radfahrende unzureichende Führungsform.
– Zusammengenommen etwa ein Drittel der Mängelmeldenden beklagte Schäden an der Infrastruktur (wie Wege oder Beschilderung in schlechtem Zustand) und Mängel an Querungsanlagen: ungesicherte Kreuzungen, unsichere Wechsel in der Führungsform (wie plötzlich endende Fahrradwege) und fahrradunfreundliche Ampelschaltungen.
– Bei der Auswertung wurden auch Punkte und Strecken benannt, an denen Kinder betroffen und/oder potenziell gefährdet sind. Diese Stellen werden im Konzept besonders berücksichtigt.
– In Heinsberg ist das Auto das meistgenutzte Verkehrsmittel. Bei der Mobilitätsbefragung gaben über 60 % an, (fast) täglich mit dem Auto unterwegs zu sein, weitere rd. 25 % mehrmals die Woche. Am Stichtag des Wegeprotokolls (06.10.2020) sind 49 % mit dem Auto gefahren.
– Zu Fuß gehen 40 % (fast) täglich, 33 % mehrmals pro Woche. Am Stichtag waren 14 % der Wege hauptsächlich zu Fuß zurückgelegt worden.
– 80 % der Heinsbergerinnen und Heinsberger besitzen ein fahrbereites Fahrrad, mehr als 30 % ein E-Bike oder Pedelec. Allerdings fahren (fast) täglich nur 17 % mit dem Rad, 34 % benutzen das Rad mehrmals pro Woche. Zusätzlich fahren 8 % täglich und weitere 14 % mehrmals wöchentlich mit ihrem E-Bike oder Pedelec. Am Stichtag waren zusammen 23 % mit Fahrrad oder Pedelec / E-Bike unterwegs.
– Mehr als die Hälfte der zurückgelegten Wege ist kürzer als 5 km. Hier besteht großes Verlagerungspotenzial vom Auto auf das Rad. Die Erreichbarkeit von Zielen bis 5 km Entfernung wird für Rad und Auto (in Schulnoten) ähnlich gut bewertet: 1,7 (Rad) zu 1,6 (Auto).
– Bei der Frage nach Verbesserungsvorschlägen sind den Befragten sichere Straßenquerungen und Kreuzungen sowie die Verbesserung der vorhandenen Radwege am wichtigsten. Bessere Radwege und ein besseres Radwegeangebot wären für rund die Hälfte der Bevölkerung eine Motivation, häufiger Rad zu fahren.
Um ein Gefühl für das Radverkehrsaufkommen in Heinsberg zu bekommen, haben wir stadtweit an verschiedenen Stellen automatische Radzählgeräte aufgebaut. An insgesamt 10 Standorten werden seit August 2020 mittels Radar die Radverkehrsmengen jeweils in beide Richtungen erfasst. Die Zählgeräte stehen an wichtigen Strecken im Innenstadtbereich und an Verbindungen zu außenliegenden Bezirken und werden die Radverkehrsmengen bis mindestens Mitte 2021 aufzeichnen.
Bild 4: Ergebnisse der Zählung am Standort Heinsberg (durchschnittliche Tageswerte in der Radfahrsaison 2020), eigene Darstellung
– Die Zählgeräte haben für die Radfahrsaison abhängig vom Standort durchschnittlich 34 bis rd. 550 Radfahrende pro Tag gezählt. Eine Radfahrsaison geht immer vom 1. April bis zum 31. Oktober eines Jahres.
– Die Jahreswerte berücksichtigen neben den Saisonzahlen auch die Zahlen aus den Wintermonaten. Über den Jahresverlauf sind die durchschnittlichen Tageswerte deshalb niedriger, da im Winter weniger Menschen Fahrrad fahren. Über das Jahr wurden – je Lage der 10 Standorte – durchschnittlich 21 bis 381 Radfahrende pro Tag gezählt.
– Die Saisonwerte wurden auf Basis der Zählungen von August bis Oktober 2020 hochgerechnet, die Jahreswerte auf Basis der Zahlen von August 2020 bis März 2021.
– In der kommenden Radsaison 2021 werden zusätzlich zu den automatischen Dauerzählungen auch Kurzzeitzählungen mit mobilen Zählgeräten durchgeführt, um das Netz der Zählstandorte zu verdichten und eine breitere Datengrundlage für die Auswertung zu bekommen.
Aktuell bearbeiten wir die Netzplanung und stimmen das Zielnetz ab. Wir haben die wichtigen Punkte im Stadtgebiet identifiziert und zunächst mittels Luftlinien miteinander verbunden. Diese Verbindungslinien werden dann auf das Radwegenetz übertragen. Dabei werden bereits existierende Strecken berücksichtigt, aber auch fehlende Verbindungen werden entsprechend als Netzlücken identifiziert und in das Zielnetz integriert.
Das derzeit in Abstimmung befindliche Zielnetz für den Radverkehr untergliedert sich durch die sogenannte Netzhierarchisierung in verschiedene Ebenen. Je nach Wichtigkeit der Strecken und der Punkte, die sie verbinden, werden die Verbindungen dem Hauptnetz bzw. dem Basis- oder Ergänzungsnetz zugeordnet. In diesen Prozess sind auch die im Rat der Stadt Heinsberg vertretenen Fraktionen intensiv einbezogen.
Um das abgestimmte Zielnetz umzusetzen, wird eine Reihe von Maßnahmen erforderlich – Ausbau, Neubau, Verbesserungen, Lückenschlüsse. All diese Maßnahmen werden in einem so genannten Maßnahmenkatalog zusammengestellt, hinsichtlich der Kosten abgeschätzt und mit Prioritäten versehen. Diese benennen, welche Maßnahmen wichtig und sofort umzusetzen sind, welche noch Zeit haben und welche nachrangig bearbeitet werden können.
Der Abschluss der Konzepterstellung ist für Herbst 2021 vorgesehen. Erst dann kann es an die konkrete Umsetzung der Maßnahmen gehen.
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